Die Zeitkapsel in der Zeitkapsel
Im Stadtmuseum gibt es aktuell viel zu tun. Die Umbruchphase hat begonnen. Bald schließt das Museum für das Neubau-Projekt. Im Rahmen der Bauphase werden auch die historischen Villen saniert. Die rund 140 Jahre alten Villen haben eine gründliche Begutachtung mit anschließender Renovierung dringend nötig. Eine buchstäbliche Jahrhundert-Sanierung steht an. Hinter den Kulissen wird dafür fleißig geplant und der bevorstehende Um- und Auszug vorbereitet. Es sind Architektinnen und Architekten im Haus, Denkmalpflegerinnen und –pfleger sowie Textil-, Stein-, Holz-, Wand-, und Tapetenexpertinnen und -experten. Der bauliche Zustand der Villen muss gründlich dokumentiert und in ihnen muss jede reparaturbedürftige Ecke erfasst werden. Damit sind Risse in den Decken gemeint, Sprünge in den Fliesen, Abnutzungserscheinungen an den Stofftapeten – Spuren der Zeit eben, in einem Museum, an einem lebendigen Ort.
Der Blick in das Raumbuch
Und wer schon einmal einen Neubau beziehungsweise eine Kernsanierung begleitet hat, kann sich vorstellen, wie kompliziert und mühsam es ist, an alles zu denken und die wichtigen Entscheidungen rechtzeitig zu treffen. Hierbei kann das sogenannte Raumbuch helfen, welches von fachkundigen Profis erstellt wird.
Was auf den ersten Blick nach verwirrenden Zeichnungen und komplizierten Daten klingt, war die Grundlage dafür, uns im Stadtmuseum einen einzigartigen Perspektivwechsel zu ermöglichen. Schließlich hat uns erst der objektive Blick von außenstehenden Experten darauf hingewiesen, dass es auch nach Jahren der Arbeit im Museum immer etwas Neues für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu entdecken gibt:
Im besagten Raumbuch der Francksen-Villa tauchte nämlich ein Raum auf, der uns im Stadtmuseum nicht bekannt war. Nach einem Abgleich mit den Plänen der Villa wurde jedoch deutlich, dass es den Raum tatsächlich geben musste. Nur hatte ihn scheinbar vorher niemand betreten, weil der Zugang zu ihm nicht besonders auffällig war.
Der unbekannte Raum
Aufgrund der relativ versteckten Lage des Raumes wurde der Grundriss der Villa quasi zu einer Schatzkarte. Mithilfe der eingezeichneten Route konnte der besagte Raum schließlich gefunden und begutachtet werden. Nach der ersten Sichtung wurde deutlich, dass der zuvor unbekannte Abstellraum über Jahrzehnte nicht betreten worden war und die gelagerten Objekte wahrlich ein historischer Schatz sind. Innerhalb der Francksen-Villa, die an und für sich bereits eine Zeitkapsel ist, befand sich all die Jahre noch eine Zeitkapsel, völlig unberührt.
Die Holzkisten, die sich in dem Raum stapelten, wirkten, als wären sie über 100 Jahre alt. Auch alle anderen Gegenstände waren offensichtlich nicht erst letzte Woche dort eingelagert worden. Uns stellten sich gleich viele Fragen: Ob alle Objekte noch aus Francksens Zeit stammen? Wer hat sie hier eingelagert, warum und wann?
Der beeindruckende Fund im Stadtmuseum hat uns alle überrascht und wird das Museums-Team noch eine Weile beschäftigen. Insgesamt kamen im Laufe der Bergung des Schatzes neben Möbeln und Fliesen zudem die Einzelteile eines beeindruckenden Kachelofens zu Tage. Die knapp 150 Teile des Ofens waren offensichtlich fachmännisch abmontiert worden und standen uns nun quasi in Form eines 3D-Puzzles zur Verfügung. Der sogenannte Kachelgrundofen, wie er nach erster Recherche und Rücksprache mit Fachexperten korrekt heißt, ist das Sahnehäubchen des Sensations-Fundes. Der scheinbar vergessene Kachelgrundofen aus dem Keller der Francksen-Villa wird aktuell untersucht und erforscht.
Fortsetzung folgt…