Juni 1851: Wieder in Athen

Am 12. Juni 1851 waren die Reisenden aus Konstantinopel wieder in Athen angelangt und dort erwartete Beaulieu und Dalwigk eine Mitteilung. „Soeben habe ich eine Nachricht erhalten, die alle meine Vermutungen über unsre künftigen Reisepläne über den Haufen wirft. Ich wurde zum Prinzen gerufen, den ich umgeben von den tausend Dingen und Herrlichkeiten fand, die er in Konstantinopel gekauft. Er kam mir mit glückstrahlender Miene entgegen, und teilte mir mit, dass er am Morgen von Seiner Königlichen Hoheit dem Großherzog die Einwilligung erhalten, um Ihre Hoheit die Prinzessin Elisabeth von Altenburg zu werben, deren Einwilligung er sich gewiss zu sein schien (...). Unsere Abreise ist nun sofort festgesetzt auf den ersten Juli, um möglichst bald in Altenburg mit der Prinzess zusammenzutreffen (...)."(1). So hat Dalwigk vermutlich nicht die Zeit gefunden, die Propyläen zu zeichnen, die hier noch mit dem Turm zu sehen sind, der die Akropolis überragte. Die vorliegende Zeichnung hat er vermutlich am Anfang seines Aufenthaltes in Athen angefertigt.

Die Propyläen sind hier noch mit dem fränkischen Turm zu sehen, in den Teile des Südwestflügels integriert waren. Der Turm ist in alten Ansichten als ein markantes Bauwerk auf der Akropolis sichtbar. Er wurde auf Initiative Schliemanns 1874 trotz des Protestes von König Georg I. von Griechenland abgerissen. Die Propyläen wurden vom Architekten Mnesikles ab 437 v. Chr. mit Unterbrechungen durch den Peloponnesischen Krieg errichtet. Das Gebäude wurde 1637 durch die Bombardierung durch die Venezianer stark beschädigt.(2)

Zu sehen ist der Tempel des Olympischen Zeus, der im 6. Jahrhundert v. Chr. begonnen wurde, aber unvollendet blieb. Im 2. Jahrhundert sollte der Bau auf die Initiative von König Antiochos IV. vollendet werden – ein gigantisches Projekt mit 108 mal 41 Metern in korinthischem Stil. Aber erst unter Kaiser Hadrian konnte der Bau im 2. Jahrhundert nach Christus vollendet werden.(3) Die Zeichnung Dalwigks ist ein wichtiges Dokument, denn sie zeigt noch die drei Säulen in der Mitte des Bauwerks. 1852 stürzte die Säule in der Mitte ein, ein Jahr nach der Abreise.(4) Die Zeichnung zeigt noch keine Bebauung der historischen Stätte. Zum Vergleich ein Foto Anfang des 20. Jahrhunderts mit den zeitgenössischen Bauten des aufstrebenden Athens. Vielleicht fand Dalwigk noch zum Abschluss der Reise Zeit für einen Rundgang der hier gezeigten historischen Stätten und vollendete die Zeichnungen. Über die letzten Tage in Athen hat er nichts im Tagebuch vermerkt. 

 

1 Dalwigk, S. 132.

2 John Griffith Pedley, Griechische Kunst und Archäologie, Köln, S. 253-54.

3 ebenda S. 325-26.

4 Die dritte Säule könnte beim Erdbeben in Athen am 27.2.1852 eingestürzt sein (Julius Schmidt, Studien über Vulkane und Erdbeben, Leipzig 1881, S. 173).