Eine Geschichte über die Stadt Oldenburg
Auf der Suche nach der Carl von Ossietzky-Universität
Detlef Keppelers Projekt „Auf der Suche nach Carl von Ossietzky“ ist unmittelbar mit der Stadt Oldenburg und der Universität verbunden. Doch nicht nur die Entstehung der Universität, die 1947 von Wilhelm Stukenberg erstmals erwähnt wurde, sondern auch die Wahl des Namens führte zu vielen Diskussionen und Herausforderungen.
Als eine Reformuniversität war der Name des Schriftstellers, Pazifisten und Friedensnobelpreisträgers Carl von Ossietzky eine mutige Wahl, die der Universität einen symbolischen Rahmen geben konnte. Aber die Wahl des Namens war nicht unumstritten.
Namensfindung für die Oldenburger Universität
„Im April 1973 ließ die Lokalzeitung ihre Leserinnen und Leser über den Namen der Universität abstimmen, und neben Carl von Ossietzky, der den meisten Oldenburgern wohl unbekannt war, standen Carl Jaspers, Gustav Streesemann, Wilhelm H. Schüßler und schließlich sogar der Oldenburger Graf Anton Günther zur Auswahl. Knapp zwei Drittel der Abstimmenden entschieden sich schließlich für den Verzicht auf eine Namensgebung und sprachen sich für die neutrale Bezeichnung Universität Oldenburg aus“ (Heike Düselder in Geschichte der Stadt Oldenburg 1830 – 1995, 1996, Seite 663).
Mit der Begründung, dass die Benennung von staatlichen Institutionen nach Persönlichkeiten nicht mehr üblich sei, lehnte die Niedersächsische Landesregierung den Vorschlag des Gremiums der Universität und der Studierendenschaft ab. Tatsächlicher Grund für die Absage war jedoch, dass der Name Ossietzkys von der DDR vereinnahmt und instrumentalisiert wurde und der Namensvorschlag von der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) kam.
Trotzdem stellten im Oktober 1974 protestierende Studenten den Namen „Carl von Ossietzky“ in großen Lettern am Turm der Oldenburger Hochschule auf. Am 27. Juni 1975 kamen rund 300 Polizisten zum Hauptgebäude der Universität Oldenburg, um die Buchstaben zu entfernen (Zeit Online, Oldenburg Eskaliert, 1975). Diese Nachricht brachte die Universität Oldenburg in die Schlagzeilen der nationalen und internationalen Presse.
Studentische Initiative und Ablehnung
Der Name des Nobelpreisträgers wurde am 2. Juli 1975 wieder aufgestellt. „Am 11. August 1977 wies das Ministerium für Wissenschaft und Kunst den Rektor an, dem AStA zu untersagen, einen Stempel mit der Aufschrift Carl von Ossietzky-Universität zu führen. Am 14. Juni 1978 beschlossen Konzil und Senat der Universität, dass die Universität in Selbstverwaltungsangelegenheiten den Namen Carl von Ossietzky Universität tragen solle“ (Hermann Helmers: Geschichte der Universität Oldenburg, 1983, Seite 325).
Die Universität trug den Namen Ossietzkys bis zum 8. November 1981, als Unbekannte die Buchstaben wieder entfernten. Durch das Zusammentreffen dieses Ereignisses mit der Reichspogromnacht wies die Universitätsleitung in einer Erklärung darauf hin, dass „die Entfernung am Vorabend des von den Nationalsozialisten besonders gefeierten Jahrestages, des Marsches zur Feldherrnhallen“ geschehen sei (Hermann Helmers in Geschichte der Universität Oldenburg, 1983, Seite 325).
Oldenburger Universität bekommt ihren Namen
Der Namensstreit endete am 3. Oktober 1991 mit einem Festakt zur Namensgebung mit dem damaligen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder (SPD), der sich bei Carl von Ossietzkys Tochter für das entschuldigte, „was das Land Niedersachsen dem Namen ihres Vaters angetan hat“.
Ossietzky in der Kunst Kappelers
Dieses Geschehnis war epochal für den Künstler Detlef Kappeler, der dies zum Anlass nahm und an dem Projekt „Auf der Suche nach Carl von Ossietzky“ zu arbeiten.
Das früheste Werk des Projekts, welches im Besitz des Stadtmuseums ist, entstand 1986 als Kappeler begann, die Geschichte eines Mannes zu erfahren, dessen mahnende Stimme in der Zeit des Nationalsozialismus ungehört blieb. Er forschte in den Archiven Oldenburgs, benutzte Ossietzkys Fotos und studierte seine Totenmaske um ihm und seinen Erfahrungen näher zu kommen.
Metamorphose
Während seiner Suche nach Carl von Ossietzky begegnete Kappeler dem Fischer Wilhelm Achterhoff. Er war Mitglied der Antifaschistischen Aktion. Kappeler entdeckt eine erstaunliche physiognomische Ähnlichkeit; als ob er Ossietzky lebendig vorgefunden hätte. Sehr bald verstand er, dass die Ähnlichkeit zwischen diesen beiden Charakteren mehr als nur körperlich ist. Kappeler untersuchte die Gemeinsamkeiten „nicht um Physiognomie und Charakter im Sinne Ernst Kretschmers zusammenzuzwingen, sondern um zu verallgemeinern“ (Johann P. Tammen, Detlef Kappeler 1990, Berlin, S. 65).
Wilhelm saß ihm Modell. Er studierte „Willi“ mit zahlreiche Zeichnungen und Lithografien unter dem Titel „Metamorphose“.
Zu Carl von Ossietzkys Einsamkeit
Entwurf zum Raum-Bild-Ensemble
Diese Arbeiten wurden zu einem Auftakt für seine Raum-Bild-Installation, die Kappeler an der Carl von Ossietzky Universität präsentierte. Die Skizzen und Vorentwürfe für Skulpturen und Malereien entstanden in den 1990er Jahren.
Entwürfe zu Farben
Kappeler hat kein Denkmal für den Pazifisten von Ossietzky gebaut, er wollte auch keinen Helden porträtieren. Vielmehr versuchte er, ihn in ein gegenwärtiges Konfliktfeld einzubinden. Es verlieh seinen Werken Mobilität durch die Benutzung lebhafter Farben, den Anschlag seiner Feder, Aufbau und die Hängung der Skulptur.