März 1851: Ausflug zur Insel Ägina

Eindrücke aus Dalwigks Skizzenbuch

Am 20. März 1851 fuhr die Gesellschaft mit dem Dampfschiff „Otto" zur Insel Ägina. Mit von der zwölfköpfigen Partie waren unter anderem die Königin, ihr Bruder, die Hofdame Frau von Plüskow, Beaulieu und Dalwigk. „Nach einer Fahrt von vier Stunden landeten wir in einer schönen Bucht von hohen Felsbergen umgeben, welche ein herrliches Echo von den Bergen wiedergaben, als die Kanonen dröhnten. An Land fanden wir eine Anzahl Pferde, Maultiere und Esel, welche uns auf den Berg tragen sollten, auf dem der berühmte Tempel der Minerva liegt. Da Ägina jetzt eine ziemlich arme Insel ist, so war auch das Sattelzeug und Geschirr der Pferde fürchterlich, und man hatte alle Not heraufzukommen. Beim Aufsteigen platzte der Sattelgurt meines Tieres, welches einen Satz machte, und ich sah mich plötzlich unter einige Thymian und Myrtenbüsche, aber ziemlich unsanft versetzt. Frau von Plüskow musste sich mit einem alten Packsattel behelfen und Steigbügel aus Stricken."(1)

„Man hat hier eine unvergleichlich schöne und weite Aussicht aufs Meer, auf Hydra, Zea und Kap Sunium, so wie auf Athen von der anderen Seite. Das Wetter begünstigte uns fast zu sehr, denn wir fingen an über Hitze zu klagen. Unter einem von Pinien hergerichteten Dache ward das Frühstück serviert, dessen Hauptbestandteil zwei Lämmer ausmachten, die ganz auf Homerische Weise am Spieße dicht neben uns gebraten wurden, und wirklich sehr saftig und gut schmeckten. Dann ritt die Gesellschaft quer durch die Insel, zu der an der anderen Seite liegenden Stadt Ägina; ich zog es vor mit Frau von Plüskow zum Schiff herunter zu steigen und die Insel bis zur Stadt zu umfahren, was mir recht viel Vergnügen gewährte."(2)

 

Der abgebildete Ort dieser Zeichnung konnte noch nicht eindeutig ermittelt werden. Die im Hintergrund befindlichen Ruinen deuten auf das Kap Sounion hin. Der Verfasser freut sich über Hinweise.

Beaulieu schreibt: „Die Stadt Aegina war bekanntlich 4 oder 5 Jahre lang Sitz der Regierung und von Capodistrias (3) sehr bevorzugt. Jetzt sieht sie etwas heruntergekommen aus. Die Häuser sind meistens unbedeutend und stehen unregelmäßig. Bewegung sahen wir freilich genug, denn die Ankunft der Königin hatte die ganze Bevölkerung auf die Beine gebracht. (...) Wir schifften uns bei untergehender Sonne ein und genossen die Rosenbeleuchtung der schönen Berge und Wolkengruppen mit wahrem Entzücken."(4) Anders erging es den Reisegefährten der Königin, die wieder ein sportliches Tempo mit Ihrem Reitpferd vorgab. Herr von Dalwigk berichtet: „Die Damen mussten sich zuletzt erschöpft mit beiden Händen am Sattel halten, und doch stürzte Fräulein Sidoniki, hat sich, obgleich einige Schritte geschleift, nicht beschädigt."(5) Da zeigte sich, dass Beaulieu-Marconnay eine kluge Entscheidung traf, das bequeme Dampfschiff zu besteigen und die Strecke auf See zurückzulegen.

Der Tempel von Ägina

Der Tempel auf Ägina wurde im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts noch als der Minerva gewidmet zugeschrieben. Auch Dalwigk bezeichnete den Tempel als Minerva-Tempel (siehe oben), obwohl es sich um ein Heiligtum der Göttin Aphaia handelt. Es waren Stahlstiche im Handel, die die Bezeichnung Minerva-Tempel trugen. Diese Abbildung zeigt den Tempel nach einer Zeichnung von Otto Magnus von Stackelberg, der Salamis und Ägina im Jahre 1812 besuchte: „In den edelsten Verhältnissen der dorischen Kunst erhebt sich hier das Säulenhaus auf hohem Berggipfel."(6) Der Fries des Tempels wurde von König Ludwig I. von Bayern, Ottos Vater erworben und von dem dänischen Bildhauer Bertel Thorvaldsen restauriert (Ergänzungen heute zerstört).(7)

1 Dalwigk, S. 88.

2 Beaulieu, S. 36-37.

3 Johann Anton Graf Kapodistrias (Capodistrias, 1792-1832) wurde 1827 nach der Seeschlacht von Navarino, in der die Türken einer britischen, französischen und russisschen Allianz unterlagen, zum ersten griechischen Regenten gewählt, aber 1831 in einem Bürgerkrieg ermordet. (Der große Ploetz, Enzyklopedie der Weltgeschichte, 32. Auflage, Frechen 1998, S. 1080).

4 Beaulieu, S. 36-37.

5 Dalwigk, S. 89.

6 Magnus von Stackelberg, zitiert nach: Gerhard Rodewald, Otto Magnus von Stackelberg, Berlin 1959, S. 19.

7 Der Fries des Aphaiatempels befindet sich heute in der Glyptothek in München.