Fundstück: Skier

Der Museumsgründer auf Skiern?

Text: Claudius Mertins

Diese Frage lässt sich anlässlich eines Fundstücks aus der Sammlung zu Recht stellen. Auf dem Dachboden des Museumsgründers Theodor Francksen lagert tatsächlich seit vielen Jahrzehnten ein Paar Holzskier. Was hat es also mit den Skiern auf sich?

Einerseits ist dies aber in Anbetracht der geografischen Lage Oldenburgs recht verwunderlich und anderseits suchte Francksen bekanntermaßen eher sein Sehnsuchtsland Italien zu ausgiebigen, vor allem kulturell geprägten Reisen auf.

Ende des 19. Jahrhunderts verbreitete sich von Norwegen aus das Skifahren in Mitteleuropa. Erste Skivereine gründeten sich in Österreich etwa ab 1870, in Deutschland und der Schweiz ab den 1890er Jahren. Ab den 1920er Jahren wurde die Alpenregion für den Skisport populär und Kinofilme vermittelten vielen Menschen abseits der Bergregionen das Skifahren. Spätestens ab den 1950er Jahren wurde das alpine Skifahren durch den Ausbau von Skipisten und touristischen Angeboten in den Bergregionen zum Breitensport. Wie aber passt das zum weit entfernten Oldenburg?

An der Bindung der Skier ist ein teilweise eingerissenes Etikett zu finden, das Hinweise auf einen ehemaligen Besitzer gibt und erkennen lässt, wo die Skier vermutlich zuletzt benutzt worden sind. Der Adressanhänger der hölzernen Sportgeräte hat folgende Aufschrift: „Theys Francksen, Altenau/Harz, Bergstrasse…“. Versendet wurde nach „Ol…“. Der Rest des Etiketts ist abgerissen. Vermutlich wurden die Skier also per Bahn-Stückgut nach Ol(denburg) versandt. Die Ausführung des Wappens und die Typografie deuten auf die Zeit der 1950er Jahre hin. 

Wie viele andere Orte mit den notwendigen Höhenmetern war auch das etwa 270 Kilometer entfernte Altenau im Oberharz seit 1940/50er Jahren ein beliebter Ort für den Skisport – darunter Langlauf, Abfahrtslauf und Skispringen. In der ersten Blüte des Skitourismus in der 1950er Jahren fuhren an den Wochenenden sogar Skizüge von Hamburg-Altona bis nach Altenau (Oberharz).

Die auf dem Etikett vermerkte „Bergstraße“ verläuft in Altenau entlang eines Kurparks durch den die „Oker“ fließt. Auf der Bergstraße gibt es, abgesehen von einer Pension nur Privat-Vermieter und die genaue Unterkunft lässt sich wegen der zeitlichen Distanz und der unbekannten Hausnummer nicht mehr ermitteln.

Wer aber hat die Skier benutzt? Die Anhaltspunkte decken sich weder mit der Lebzeit Theodor Francksens noch mit der seines Urgroßvaters Theys Francksen. Wir können daher vermuten, dass es vielleicht ein Urlaubsdomizil in Altenau gegeben haben könnte, dass noch bis in die 1940/50er Jahre unter dem Namen Theys Francksen geführt wurde. Als dann nach dem Zweiten Weltkrieg der Wintersport-Boom nach Altenau kam, haben sich möglicherweise auch die Besitzverhältnisse der Immobilien im Ort verändert.

Vor der Jahrhundertwende fuhr die Familie Francksen zu Stärkung und zum Zwecke der Erholung für den jungen, schwächlichen Theodor in verschiedene Kurorte – darunter war neben der Schweiz und Helgoland auch der Harz ein beliebtes Ziel. Welcher Ort genau aufgesucht wurde, bleibt unklar.

Eine weitere Spur ist ein Francksen, der aus der Ruhrwarder Erblinie stammte: Dieser Theys Francksen aus der Großfamilie lebte von 1922 bis 1945 und starb im Zweiten Weltkrieg. Dieser kommt möglicherweise, zumindest zeitlich, als Benutzer der Skier in Frage. Oder der Neffe seines Vaters, ebenfalls ein Theys Francksen, der 1927 in Oldenburg geboren wurde und im Jahr 1955 einen landwirtschaftlichen Betrieb in Burhave/Butjadingen übernahm.

Bisher ließen sich im Nachlass Francksens jedoch keine konkreten Hinweise zu den Skiern oder eine Verbindung zum Skiort finden. Und da es Francksen bereits ab 1900 aus gesundheitlichen Gründen nicht mal mehr möglich war, sein Studium weiterzuführen, ist es unwahrscheinlich, dass sich der Museumsgründer jemals dem Wintersport gewidmet hat – auch, wenn sich das Skifahren in Deutschland bereits kurz vor der Jahrhundertwende langsam verbreitete.