Feldpost Erster Weltkrieg: Die Briefe Karl Bullings

Als der Erste Weltkrieg ausbrach, meldete sich Karl Bulling aus Ellwürden, Nordenham, freiwillig zum Kriegsdienst. Vor dem Überfall durch die deutsche Armee auf Belgien arbeitete er in Antwerpen als Kaufmann. Der 25-jährige Sohn eines Auktionators und Bankiers hatte sogar einen Freund in England. Doch nun folgte er dem Schlag der Kriegstrommel, welche das Signal gab für seine Trennung von seiner Familie und von seinen Verbindungen in andere europäische Länder. Sie führte ihn als Infanterist an die Ostfront und sogar bis nach Taschkent in Zentralasien.

Wie Millionen von Soldaten schrieb auch Karl Bulling Feldpost-Briefe in die Heimat. In ihnen begleiten wir ihn in der militärischen Ausbildung ins Armeelager Munster, an der Front in Ostpreußen oder auch in der russischen Kriegsgefangenschaft. Damit können wir erfahren, wie sich mit jeder neuen Station das Leben des Soldaten veränderte. Er erhielt seinerseits Nachrichten von seinen Eltern, Heinrich und Anna Bulling, sowie von seinen beiden Schwestern Elli und Anneliese. Für ihn waren sie Lichtblicke im Kriegsgeschehen und für uns geben sie Aufschluss darüber, wie nah oder fern sich die Familie ihrem Sohn und Bruder fühlte.

Der Briefwechsel mit seinen über 120 Postkarten, Briefen und Notizzetteln zeichnen das Bild einer gut situierten Familie. Ihre Briefe sind von einer liebevollen und fürsorglichen Stimmung getragen. Seine Familie war stets darum besorgt, ihrem Sohn und Bruder das Leben in der Armee so erträglich wie möglich zu machen – sie schickten Salben, Honigkuchen und liebe Worte. In jedem Brief versicherten sie einander, wie sehr sie der letzte Brief erfreute und ein baldiges Wiedersehen erhofften.

Wenn wir die Geschichte großer Ereignisse betrachten, erfahren wir sie oft aus der Perspektive ihrer Hauptfiguren. Sie haben den Verlauf dieser Ereignisse bestimmten. Doch neben den Erfahrungen dieser Symbolfiguren gibt es auch die des einfachen Soldaten und seiner Familie. Von deren Briefen erhoffen wir uns einen möglichst persönlichen Blick auf ihre Realität.


Ein Projekt von Jens Weinelt im Rahmen von MUSEALOG 2019.