Große Pläne – verworfene Bauvorhaben der Stadt Oldenburg
Was wäre wenn ...
Wie sähe unsere Welt wohl aus, wenn sich bestimmte Dinge anders entwickelt hätten, wenn jemand zu einer bestimmten Zeit eine andere Entscheidung getroffen hätte: Nicht nur die moderne Filmindustrie hat solche Themen schon vielfach verarbeitet, auch im täglichen Leben überkommt uns diese Überlegung manches Mal – und sei es nur, während wir in der nächsten meterlangen Warteschlange der Supermarktkasse stehen und uns fragen, ob es eine Stunde früher oder später nicht besser ausgesehen hätte.
Was wäre wenn ... Nicht unbedingt der erste Gedanke, den man bei einem historischen Kartenbestand hat. Und doch lag er eben hier verborgen. In dem Sammlungsbestand der etwa 3000 Karten und Pläne des Stadtmuseums befinden sich etwa 100 Bauzeichnungen mit dem Vermerk „nicht ausgeführt“. Dies hatte ganz verschiedene Gründe: eine leere Stadtkasse, ein Architektenwettbewerb, in dem es natürlicherweise nur einen Sieger gibt, oder schlicht fehlendes Interesse. All diese Pläne verschwanden in Kartenschränken und blieben seitdem vielfach unbeachtet – bis jetzt! In dieser kleinen Ausstellung möchten wir Ihnen die Bauten präsentieren, die Sie nie im Stadtbild Oldenburgs gesehen haben.
Verworfene Bauvorhaben der Stadt Oldenburg
Stadt und Herzog – Prestigebauten des 19. Jahrhunderts
Mit der Regentschaft Peter Friedrich Ludwigs gab es zahlreiche Pläne zur Modernisierung der Schlossanlage. Damit einhergehend wurden diverse Bauvorhaben verworfen: Ein Teil dieser Ausstellung befasst sich mit einem Bauprojekt um 1800 – hier war ein Erweiterungsbau für das Schloss vorgesehen. An diesem Projekt beteiligt waren die namenhaften Architekten Carl Slevogt und Heinrich Strack der Ältere. In den 1820er Jahren thematisiert ein weiteres Bauprojekt einen kuriosen Anbau für den Schlossplatz mit Bestallung und Manege in Kombination mit einem Museum.
Das Peter Friedrich Ludwigs-Hospital sowie das Rathaus finden in dieser Ausstellung ebenfalls Beachtung. Die älteste hier gezeigte Bauzeichnung zum PFL stammt aus dem Jahre 1838 und stellt den Alternativbau des Architekten Hero Diedrich Hillerns dar. Diverse Entwürfe für das Alte Rathaus zeigen das Gebäude in verschiedenen architektonischen Varianten. Sie wurden Ende des 19. Jahrhunderts im Rahmen eines Architektenwettbewerbs unter dem damaligen Stadtarchitekten Georg Osthoff ausgearbeitet.
Bildung und Freizeit – der Siedlungsbau im 19. Jahrhundert
Zahlreiche Bauvorhaben in dieser Präsentation stammen aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und sind im Rahmen der Besiedlung des Dobben-, und Haarentorviertels entstanden. Der Grundstein für die Besiedlung dieser Areale wurde durch die Schleifung der Stadtmauer im ausgehenden 18. Jahrhundert gelegt. Vordergründig sind hier Bauprojekte für Schulgebäude zu nennen, wie z.B. für die Cäcilienschule im Dobbenviertel. Aber auch am Waffenplatz gab es in dieser Zeit Bauprojekte für die "Höhere Bürgerschule" sowie für eine "Mädchen- und Knabenschule".
Der Bevölkerungszuwachs in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und der Nachlass Bernhard Winters wirkten sich ebenfalls in Form eines Neubauprojektes auf das Stadtmuseum aus – ein verworfener Plan wird ebenfalls in dieser Ausstellung präsentiert. Einige verworfene Baupläne von Turnhallen und Flussbadeanstalten führen in den Bereich der Oldenburger Sportgeschichte. Bei dem nicht ausgeführten Entwurf einer Turnhalle aus dem Jahre 1844/45 handelt es sich um den ältesten Bauplan in diesem kleinen Exkurs.
Ein Klick in die Vergangenheit
All diese Pläne können Sie direkt über die Projektübersicht erreichen. Interessiert Sie der größere, historische Hintergrund, stehen Ihnen kurze Abrisse der stadtgeschichtlichen Entwicklung direkt als Link zur Verfügung. Aber auch der umgekehrte Weg ist möglich: Über den Teaser „Stadtentwicklung“ gelangen Sie zu den verschiedenen Überblickstexten der einzelnen Stadtteile oder wichtigen Gebäude und können von dort aus weiter ins Detail gehen – die Wahl liegt ganz bei Ihnen! Einige Projekte verfügen darüber hinaus über ein besonderes Angebot. Diese wurden als 3D-Modelle digital rekonstruiert und können so in einem kurzen Video auch räumlich erfahren werden!
Im Zuge dieser Ausstellung wollen wir auch der Arbeit und dem Ideenreichtum Respekt zollen, die von Seiten des Architekten in jedem dieser Entwürfe steckt. Auch wenn sie aus verschiedenen Gründen nie zur Ausführung kamen, ist uns eine Wertschätzung ihrer Leistungen wichtig. Darüber hinaus gab nicht zuletzt der anstehende Neubau des Stadtmuseums mit seinem eigenen Architektenwettbewerb einen passenden Anlass, sich einmal mit einem „alternativen“ Gesicht der Stadt auseinanderzusetzen, zumal in der Vergangenheit die Bürger bei dem Beschluss von Bauvorhaben meist unbeteiligt waren. Auch wenn für die hier präsentierten Projekte die Entscheidungen bereits gefallen sind, so können die Betrachtenden doch noch einmal selbst Revue passieren lassen, ob sie hier einen interessanten und innovativen Vorschlag oder ein bauliches Verbrechen sehen. Doch nun wünschen wir Ihnen viel Vergnügen bei Ihrer Erkundung von Oldenburgs Vergangenheit – etwas abseits der Realität!
Ihr Stadtmuseum Oldenburg
Konzept und Gestaltung: Dr. Andreas von Seggern, Thomas Robbers, Marc Oliver Schwinkendorf, Tolga Togol
Texte: Marc Oliver Schwinkendorf, Tolga Togol
Dreidimensionale Visualisierung: Felix Robbers
Fotos: Thomas Robbers
Online-Redaktion: Tolga Togol, Annika Brodé